Entschließung des Europäischen Parlaments vom 1. März 2022 zu Russlands Aggression gegen die Ukraine (2022/2564(RSP))
Quelle: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2022-0052_DE.pdf (PDF)
- verurteilt aufs Schärfste den rechtswidrigen, unprovozierten und ungerechtfertigten militärischen Überfall der Russischen Föderation auf die Ukraine und ihren Einmarsch in das Land sowie die Beteiligung von Belarus an dieser Aggression;
- fordert die Russische Föderation auf, unverzüglich alle militärischen Operationen in der Ukraine einzustellen, alle militärischen und paramilitärischen Kräfte und sämtliche militärische Ausrüstung bedingungslos aus dem gesamten international anerkannten Hoheitsgebiet der Ukraine abzuziehen und die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen uneingeschränkt zu achten;
- betont, dass der militärische Überfall und der Einmarsch einen schwerwiegenden Verstoß gegen das Völkerrecht und insbesondere gegen die Charta der Vereinten Nationen darstellen, und fordert die Russische Föderation auf, wieder der Verantwortung eines ständigen Mitglieds des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen für die Wahrung von Frieden und Sicherheit nachzukommen und ihre Verpflichtungen im Rahmen der Schlussakte von Helsinki, der Pariser Charta für ein neues Europa und des Budapester Memorandums einzuhalten; betrachtet den russischen Einmarsch in die Ukraine nicht nur als Angriff auf ein souveränes Land, sondern auch auf die Grundsätze und den Mechanismus der Zusammenarbeit und Sicherheit in Europa und die regelbasierte internationale Ordnung, wie sie in der Charta der Vereinten Nationen festgelegt sind;
- verurteilt aufs Schärfste, dass das russische Militär mit Unterstützung belarussischer Streitkräfte belarussisches Hoheitsgebiet nutzt, um von dort aus die Ukraine anzugreifen, und bringt seine tiefe Besorgnis über die Gefahren zum Ausdruck, die sich daraus ergeben, dass Belarus seine Neutralität aufgibt und russische Militärpräsenz zulässt;
- bekundet seine ungeteilte Solidarität mit dem ukrainischen Volk, das bereits acht Jahre Krieg in seinem Land erlitten hat, und verurteilt das Vorgehen Russlands gegen die Ukraine aufs Schärfste;
- zollt dem ungeheuren Mut des ukrainischen Volkes, seinem heldenhaften Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und den mutigen Soldaten, die ihr Land gegen die russischen Invasoren verteidigen, den höchsten Respekt; fordert die freie Welt auf, deren Kampf um Frieden und Freiheit mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu unterstützen;
- fordert nachdrücklich, dass die diplomatischen Bemühungen fortgesetzt werden, um dem russischen Überfall auf die Ukraine Einhalt zu gebieten und eine friedliche Lösung zu finden, die auf der Achtung der Souveränität und der territorialen Unversehrtheit der Ukraine und der Grundsätze des Völkerrechts sowie auf dem Recht der Ukraine beruht, über künftige Bündnisse ohne äußere Einmischung zu entscheiden; fordert die Russische Föderation nachdrücklich auf, auf den Weg des Dialogs und der Diplomatie zurückzukehren, um die Menschen in der Ukraine und in anderen Ländern sowie ihr eigenes Volk vor der Geißel des Krieges zu bewahren;
- verurteilt die einseitige Anerkennung der Unabhängigkeit der von Russland besetzten Gebiete in den ukrainischen Oblasten Donezk und Luhansk durch die Russische Föderation und fordert alle Länder nachdrücklich auf, sich dieser Anerkennung nicht anzuschließen; bekräftigt, dass die EU die rechtswidrige Annexion der Krim nicht anerkennt, sie unverändert als Verstoß gegen das Völkerrecht verurteilt und sich weiterhin dafür einsetzt, ihre Politik der Nichtanerkennung vollständig umzusetzen, unter anderem durch restriktive Maßnahmen und die Zusammenarbeit in internationalen Foren;
- lehnt die Äußerungen, mit denen die russischen Seite andeutet, dass sie unter Umständen auf den Einsatz von Massenvernichtungswaffen zurückgreifen könnte, vor dem Hintergrund der bereits verschlechterten und ausgehöhlten globalen Struktur der Nichtverbreitung von Kernwaffen, der Abrüstung und der Rüstungskontrolle kategorisch ab; erinnert die Russische Föderation an ihre internationalen Verpflichtungen und warnt vor den Gefahren einer nuklearen Eskalation des Konflikts; ist besorgt darüber, dass die Russische Föderation die Alarmstufe ihrer Atomstreitkräfte erhöht hat; macht die Russische Föderation darauf aufmerksam, dass Provokationen an der Grenze eines Mitgliedstaats oder Angriffe auf Schiffe im Schwarzmeerbecken zu einer weiteren Eskalation des Konflikts führen können;
- ist untröstlich angesichts des tragischen Verlusts von Menschenleben und des menschlichen Leids, die durch den Überfall Russlands verursacht wurden, und betont, dass Angriffe auf Zivilisten und zivile Infrastruktureinrichtungen sowie wahllose Angriffe nach dem humanitären Völkerrecht verboten sind und daher Kriegsverbrechen darstellen;
- betont, dass ein besonderer Schwerpunkt auf schutzbedürftige Gruppen, Minderheiten sowie Frauen und Kinder gelegt werden muss, da sie in Konfliktsituationen besonders betroffen sind und besonderen Schutz sowie besondere Unterstützung benötigen, insbesondere Kinder in Heimen, unbegleitete Kinder, Kinder mit Behinderungen und anderen schweren Krankheiten, einschließlich an Krebs erkrankten Kindern, und betont, dass sichergestellt werden muss, dass diese Kinder weiterhin die notwendige Betreuung und lebensrettende Behandlung erhalten und unverzüglich in Sicherheit gebracht werden;
- fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, der Ukraine in Zusammenarbeit mit den humanitären Organisationen der Vereinten Nationen und anderen internationalen Partnerorganisationen weitere humanitäre Soforthilfe zu leisten; fordert die Russische Föderation nachdrücklich auf, humanitären Organisationen der Vereinten Nationen sicheren und ungehinderten Zugang zu gewähren, auch in den vorübergehend nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten der Ostukraine;
- begrüßt die Zusage der Kommission und des französischen Ratsvorsitzes, die Richtlinie über die Gewährung vorübergehenden Schutzes1 zu aktivieren, um allen Flüchtlingen aus der Ukraine sofortigen Zugang zu Schutz zu gewähren; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, diesen Vorschlag auf der Tagung des Rates (Justiz und Inneres) am März 2022 zu billigen; fordert den Rat mit Nachdruck auf, die Verantwortung für die Aufnahme von Flüchtlingen, die an den Außengrenzen der EU ankommen, gleichmäßig zwischen den Mitgliedstaaten aufzuteilen; fordert die Kommission auf, einen Solidaritätsmechanismus einzurichten, um Flüchtlinge aus der Ukraine, die in Polen, Ungarn, Rumänien und der Slowakei angekommen sind, in andere Mitgliedstaaten umzusiedeln, und fordert, dass Rückführungsaktionen in die Ukraine in der gesamten EU eingestellt werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Visa von ukrainischen Studenten und sonstigen ukrainischen Visuminhabern zu verlängern;
- begrüßt das engagierte Handeln der Regierungen Polens, Ungarns, Rumäniens, Bulgariens, der Slowakei und Moldaus, ihre Grenzen offen zu halten und Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen – darunter sowohl ukrainischen Staatsangehörigen als auch denen anderer Länder –, Mittel zur Weiterfahrt, Unterkünfte, Soforthilfe und medizinische Versorgung bereitzustellen sowie Asyl zu gewähren; fordert den Rat und die Kommission auf, zusätzliche Mittel für diese Länder bereitzustellen, da die meisten Menschen aus der Ukraine zunächst in diese EU-Länder flüchten; fordert den Rat und die Kommission auf, das Abkommen mit der Ukraine über die Befreiung von der Visumpflicht nicht auszusetzen; fordert alle Mitgliedstaaten auf, Staatsangehörige anderer Länder als der Ukraine, die vor dem Konflikt und dem Krieg fliehen, als aus Russland stammende Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen anzuerkennen; weist alle EU-Mitgliedstaaten nochmals auf ihre Pflicht hin, die Grundrechte aller Asylbewerber, die in der Union um Schutz ersuchen, unabhängig von der Staatsangehörigkeit dieser Personen zu achten und die Zurückweisungen an der Grenze einzustellen; verurteilt den Rassismus, dem aus Afrika und dem Nahen Osten stammende Studenten ausgesetzt waren, als sie in der Ukraine daran gehindert wurden, zur Grenze fahrende Busse und Züge zu besteigen, oder an der Grenze aufgehalten wurden, wodurch es ihnen verwehrt wurde, um Schutz zu ersuchen;
- begrüßt, dass der Rat prompt Sanktionen mit dem Ziel erlassen hat, die Russische Föderation dazu zu bringen, ihre Angriffe auf die Ukraine einzustellen; besteht jedoch angesichts der jüngsten Aggressionen, einschließlich der Angriffe auf Wohngebiete und die zivile Infrastruktur, darauf, dass zusätzliche harte Sanktionen verhängt werden;
- fordert, dass der Anwendungsbereich der Sanktionen ausgeweitet wird, dass mit den Sanktionen darauf abgezielt wird, die Wirtschaft und die industrielle Basis Russlands, insbesondere den militärisch-industriellen Komplex und damit die Fähigkeit des Landes, die internationale Sicherheit auch in der Zukunft zu bedrohen, strategisch zu schwächen, und dass die Sanktionen auf Belarus ausgeweitet werden, weil das Land den Einmarsch Russlands in die Ukraine unmittelbar unterstützt;