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Rede und Antworten Sergej Lawrow gemeinsamen Pressekonferenz auf Medienfragen zum Abschluss des Besuchs in der Republik Kongo

Quelle: mid.ru

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bedanke mich bei der Staatsführung der Republik Kongo für ihre Gastfreundlichkeit und die Aufmerksamkeit, die unsere Delegation genossen hat.

Ich habe ein längeres Gespräch mit dem Präsidenten der Republik Kongo, Denis Sassou-Nguesso, sowie Verhandlungen mit meinem nahen Freund, dem Außenminister der Republik Kongo, Jean-Claude Gakosso, gehabt.

Unsere Beziehungen stützen sich auf eine ereignisreiche Geschichte der Freundschaft, Kooperation und gegenseitigen Unterstützung und entwickeln sich auf Basis der Prinzipien der Gleichberechtigung, des Respekts für die gegenseitigen Interessen, des Zusammenwirkens in der internationalen Arena im Sinne der UN-Charta.

Heute beschäftigten wir uns mit den Aufgaben zur Festigung der materiellen Basis unseres Zusammenwirkens. Unsere Wirtschaftskooperation hat gute Perspektiven, insbesondere auf solchen Gebieten wie Kohlenwasserstoffe, Energiewirtschaft, Verkehrsinfrastruktur, Telekommunikationswesen. Eine ganze Reihe von russischen Unternehmen arbeitet bereits in der Republik Kongo, manche andere zeigen ihr Interesse dafür. Heute haben wir eine positive Reaktion auf die Idee zur Entwicklung von neuen Projekten gesehen. Konkrete Richtungen, die bei den Verhandlungen erörtert wurden, werden im Vorfeld der nächsten Sitzung der russisch-kongolesischen Regierungskommission für wirtschaftliche, wissenschaftlich-technische Kooperation und Handel besprochen, die Ende September in Brazzaville stattfindet.  Beide Seiten zeigten auch ihr Interesse am Ausbau der militärischen bzw. militärtechnischen Kooperation.

Russland wird die Republik Kongo bei der Ausbildung ihrer nationalen Kader weiterhin unterstützen. Wir haben die Zahl der diesem Land bereitgestellten Stipendien für Studenten, die an russischen Universitäten bzw. Hochschulen studieren werden, wesentlich erhöht: aktuell geht es um 150 Personen. In all den Jahren unserer Kooperation wurden insgesamt mehr als 8000 Kongolesen in unserem Land ausgebildet, darunter Außenminister Gakosso.

Angesichts der Verbreitung von diversen Epidemien auf unserem Planeten zeigten wir unser Interesse an der Entwicklung einer neuen Kooperationsform, und zwar an der Einrichtung eines gemeinsamen Labors für Erforschung und Vorbeugung diversen gefährlichen Infektionserkrankungen. In diesem Zusammenhang haben wir unseren Freunden eine humanitäre Partie von Testsystemen zwecks Diagnostizierung der Affenpocken überreicht.

Wir wirken in der internationalen Arena eng zusammen. Unsere Positionen zu den meisten akuten Problemen, die in der UNO und auf anderen internationalen Foren diskutiert werden, stimmen praktisch überein oder sind ähnlich. Die meisten Fragen, die Kontroversen hervorrufen, stimmen wir solidarisch ab. Wir legen viel Wert auf solches Zusammenwirken mit unseren Freunden aus der Republik Kongo. Brazzaville tritt konsequent gegen jegliche Diskriminierung in der UNO auf. Wir reagieren entsprechend.

Wir haben heute bei den Gesprächen mit Präsident Sassou-Nguesso und Außenminister Gakosso ihre ausgeglichene, ausbalancierte und verantwortungsvolle Position positiv bewertet, die sie im Kontext der Ereignisse um die Ukraine eingenommen haben, indem sie sehr gut verstehen, dass unsere westlichen Kollegen diese Situation künstlich eine globale Bedeutung beimessen. Wir plädieren für eine Demokratisierung der internationalen Beziehungen, für eine gleichberechtigte Beteiligung aller Staaten an internationalen Diskussionen, wie das die UN-Charta verlangt. Wir sind gegen Diktat, Ultimaten und Erpressung in den Beziehungen zwischen souveränen Ländern. Wir verurteilen die Versuche unserer westlichen Kollegen, unter dem Vorwand der Situation um die Ukraine die zahlreichen Konflikte, die seit Jahrzehnten nicht geregelt werden und zu denen der Westen eine schandhafte Position einnimmt (vor allem geht es um den palästinensisch-israelischen  Konflikt), zu „vergessen“.

Auf dem Afrikanischen Kontinent gibt es viele ungelöste Krisen. Wir begrüßen die aktive Rolle der Republik Kongo und Präsident Sassou-Nguessos persönlich, die sie bei der Mobilisierung der Bemühungen um ihre Regelung spielen. Das sind die Situationen in der benachbarten Demokratischen Republik Kongo, in der Region der Großen Seen, wie auch in Mali, Somali, in der Zentralafrikanischen Republik. In allen diesen Richtungen bemühen sich unsere kongolesischen Freunde gemeinsam mit ihren anderen afrikanischen Kollegen um positive Ergebnisse.

Ich möchte die Rolle des Präsidenten Kongos als Vorsitzenden des Hochrangigen Komitees der Afrikanischen Union im Kontext Libyens besonders hervorheben. Herr Sassou-Nguesso erzählte uns über die Pläne zur Organisation einer gesamtlibyschen Konferenz zwecks nationaler Aussöhnung, die in der nächsten Zeit organisiert werden sollte, zu der alle Vertreter der führenden politischen Kräfte dieses Landes eingeladen würden. Wir begrüßten diese Absicht zur Förderung der Inklusivität dieses  Prozesses, denn alle Versuche, die bisher einzelne europäische Länder und sogar unsere Kollegen aus dem UN-Sekretariat unternahmen, sahen nicht den gesamtlibyschen Umfang der Teilnehmer vor. Im Kontext der Vorbereitung dieser Veranstaltung hat Präsident Sassou-Nguesso vor, diverse äußere Akteure einzuladen, darunter auch die Russische Föderation. Wir werden bei der Organisation dieses wichtigen Forums aktiv mitwirken.

Zum Schluss bedanke ich mich abermals bei unseren kongolesischen Freunden und möchte meinen Amtskollegen daran erinnern, dass jetzt er an der Reihe ist, Russland einen Besuch abzustatten.

Frage: Ich habe eine Frage zum Thema Ernährungssicherheit, das für die afrikanischen Länder besonders akut ist, die von Getreidelieferungen abhängen, unter anderem aus Russland. Die USA und die Ukraine haben unserem Land bereits Versuche vorgeworfen, die in der Türkei getroffene Vereinbarung zur Ausführung des Getreides und auch anderer Agrarprodukte aus den Schwarzmeerhäfen zu ignorieren. Zum Vorwand wurde die jüngste Vernichtung eines ukrainischen Kriegsschiffs sowie eines Lagers mit US-amerikanischen Harpoon-Raketen unweit des Hafens von Odessa. Ist Russland Ihres Erachtens bereit, die Ernährungssicherheit zu fördern und alle zu ernähren, die das brauchen?

Sergej Lawrow: Unsere westlichen Kollegen haben es inzwischen gut gelernt, jede Nachricht zu entstellen, damit sie gegen die Russische Föderation verwendet werden kann. Da wundere ich mich über nichts mehr.

Was die Ereignisse in Odessa angeht, so gibt es im Kontext der Verpflichtungen, die Russland im Rahmen der in Istanbul am 22. Juli  getroffenen Vereinbarungen übernommen hat, nichts, was uns verbieten würde, unsere militärische Sonderoperation fortzusetzen und die militärische Infrastruktur samt anderen militärischen Zielen zu vernichten. Vertreter des UN-Sekretariats haben gestern ausgerechnet diese Deutung der unterzeichneten Dokumente bestätigt.

Die Ziele, gegen die die hochpräzisen Schläge versetzt wurden, lagen in einem speziellen, militärischen Teil des Hafens von Odessa. Das waren ein Kampfboot der ukrainischen Marine und ein Munitionslager, wohin vor kurzem Anti-Schiffs-Raketen Harpoon gebracht worden waren, die die russische Schwarzmeerflotte gefährdeten. Jetzt sind diese „Harpunen“ nicht mehr gefährlich für uns.

Selbst objektive Experten haben bestätigt, was wir von Anfang an sagten: Das Getreideterminal des Hafens von Odessa liegt ziemlich weit vom militärischen Teil. Es gibt keine Hindernisse für die Getreidelieferungen im Sinne der Vereinbarungen von Istanbul. Wir haben keine solchen Hindernisse geschaffen.

Unsere kongolesischen Partner verstehen sehr gut die Gründe der Lebensmittelkrise, die sich mindestens noch vor drei Jahren abzeichneten, und zwar wegen der kurzsichtigen und fehlerhaften Politik der führenden westlichen Staaten. In Kongo versteht man auch, dass gerade die gescheiterte Politik der Europäer, die sie unter dem Einfluss der USA ausüben, zum raschen Preisanstieg für Energieträger geführt hat. Wir haben heute über die Wege ausführlich gesprochen, die es Russland und der Republik Kongo ermöglichen würden, solche künstlich geschaffenen Hindernisse zu umgehen und alles dafür zu tun, dass unsere Handels-, Wirtschafts- und Investitionskontakte unabhängig von der Willkürherrschaft des Westens in der Weltwirtschaft bleiben.

Frage: Wie können Sie die jüngste Erklärung des polnischen Präsidenten Andrzej Duda kommentieren, Russland müsse den Krieg gegen die Ukraine verlieren, damit dieses Land Teil der freien Welt wird?

Sergej Lawrow: Ich bin zwar nicht müde, kann mich aber keineswegs über die Kommentare und Erklärungen freuen, die westliche Politiker, die ganz verschiedene Ziele verfolgen, tagtäglich machen. Es ist ja klar, dass dies sowohl mit der Situation bei ihnen zu Hause als auch mit ihren Versuchen verbunden ist, die Öffentlichkeit von ihren eigenen Problemen abzulenken und gleichzeitig ihre geopolitischen Interessen voranzutreiben.

Das erinnert mich immer mehr an die „Pikee-Westen“ aus der russischen klassischen Literatur. Inwieweit frei diese Welt ist, in die die polnische Führung die Ukraine einbeziehen will, wird von Tag zu Tag offensichtlicher, wenn das ganze Europa, das sich dem Diktat der USA widerspruchslos unterordnet, Washingtons Hinweise erfüllt und seiner eigenen Wirtschaft bzw. seinem Sozialwesen enorm schadet. So ist nun einmal die freie Welt. Er hat seinen Preis.