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Europäische Parlament: GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zum Status der Ukraine, der Republik Moldau und Georgiens als Bewerberländer

Quelle: europarl.europa.eu

GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

zum Status der Ukraine, der Republik Moldau und Georgiens als Bewerberländer

Manfred Weber, Michael Gahler, Andrzej Halicki, Miriam Lexmann, Rasa Juknevičienė, David McAllister, Željana Zovko, Siegfried Mureşan, Paulo Rangel, Andrius Kubilius, Jerzy Buzek, Traian Băsescu, Vladimír Bilčík, Vasile Blaga, Ioan‑Rareş Bogdan, Daniel Buda, Cristian‑Silviu Buşoi, Gheorghe Falcă, Tomasz Frankowski, Sunčana Glavak, Mircea‑Gheorghe Hava, Sandra Kalniete, Arba Kokalari, Andrey Kovatchev, David Lega, Antonio López‑Istúriz White, Elżbieta Katarzyna Łukacijewska, Aušra Maldeikienė, Lukas Mandl, Marian‑Jean Marinescu, Liudas Mažylis, Dan‑Ştefan Motreanu, Gheorghe‑Vlad Nistor, Janina Ochojska, Radosław Sikorski, Michaela Šojdrová, Eugen Tomac, Inese Vaidere, Loránt Vincze, Iuliu Winkler, Isabel Wiseler‑Lima, Alexander Alexandrov Yordanov, Milan Zver

im Namen der PPE-Fraktion

Pedro Marques, Sven Mikser, Włodzimierz Cimoszewicz, Juozas Olekas, Victor Negrescu, Tonino Picula

im Namen der S&D-Fraktion

Petras Auštrevičius, Dragoş Tudorache, José Ramón Bauzá Díaz, Dita Charanzová, Vlad Gheorghe, Bernard Guetta, Nathalie Loiseau, Urmas Paet, Frédérique Ries, Michal Šimečka, Ramona Strugariu

im Namen der Renew-Fraktion

Viola Von Cramon‑Taubadel

im Namen der Verts/ALE-Fraktion

Raffaele Fitto, Anna Fotyga, Witold Jan Waszczykowski, Bogdan Rzońca, Elżbieta Rafalska, Ryszard Czarnecki, Jadwiga Wiśniewska, Valdemar Tomaševski, Alexandr Vondra, Veronika Vrecionová, Adam Bielan, Joanna Kopcińska, Beata Szydło, Assita Kanko, Tomasz Piotr Poręba, Patryk Jaki, Zbigniew Kuźmiuk, Zdzisław Krasnodębski, Eugen Jurzyca, Elżbieta Kruk

im Namen der ECR-Fraktion

Fabio Massimo Castaldo

Entschließung des Europäischen Parlaments zum Status der Ukraine, der Republik Moldau und Georgiens als Bewerberländer

Das Europäische Parlament,

  • unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Ukraine, zur Republik Moldau und zu Georgien,
  • gestützt auf Artikel 49 des Vertrags über die Europäische Union (EUV),
  • unter Hinweis auf die Anträge der Ukraine, der Republik Moldau und Georgiens auf Mitgliedschaft in der EU,
  • unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen der Tagung des Europäischen Rates vom 30. Mai 2022 zur Ukraine,
  • unter Hinweis auf die Erklärung von Versailles vom 10. und 11. März 2022,
  • unter Hinweis auf die Stellungnahmen der Kommission vom 17. Juni 2022 zu dem Antrag der Ukraine (COM(2022)0407), dem Antrag der Republik Moldau (COM(2022)0406) und dem Antrag Georgiens (COM(2022)0405) auf Mitgliedschaft in der EU,  unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung, mit der sich die Vorsitzenden seiner Fraktionen an die Staats- und Regierungsoberhäupter im Hinblick auf die Tagung des Europäischen Rates am 23. und 24. Juni 2022 gewandt haben,  gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass die Russische Föderation seit dem 24. Februar 2022 einen unprovozierten, ungerechtfertigten und illegalen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt; in der Erwägung, dass die Ukraine am 28. Februar 2022 und die Republik Moldau bzw. Georgien am 3. März 2022 einen Antrag auf Beitritt zur Europäischen Union gestellt haben;

B. in der Erwägung, dass die Anträge vor dem Hintergrund der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine gestellt wurden, die ein in der jüngsten europäischen Geschichte beispielloses Ausmaß angenommen hat, wobei Kriegsverbrechen begangen wurden, die unter Umständen als Völkermord an den Ukrainerinnen und Ukrainern einzustufen sind, sowie vor dem Hintergrund der anhaltenden Besetzung von Teilen der Hoheitsgebiete Georgiens und der Republik Moldau gestellt wurden; in der Erwägung, dass die Ukraine die europäische Sicherheitsordnung und die Grundsätze, auf denen sie beruht, etwa die Schlussakte von Helsinki und die Charta von Paris für ein neues Europa, verteidigt;

C. in der Erwägung, dass gemäß Artikel 49 EUV jeder europäische Staat, der die in Artikel 2 genannten Werte achtet und sich für ihre Förderung einsetzt, beantragen kann, Mitglied der Union zu werden;

D. in der Erwägung, dass es kein beschleunigtes Verfahren für die Mitgliedschaft in der EU gibt und dass der Beitritt nach wie vor ein an den Verdiensten orientierter und strukturierter Prozess ist, der von der konkreten Umsetzung von Reformen und der Übernahme des Besitzstands der Union abhängt;

E. in der Erwägung, dass der Rat die Kommission außerordentlich rasch aufgefordert hat, ihre Stellungnahme zu den Anträgen der Ukraine, der Republik Moldau und Georgiens auf Mitgliedschaft in der EU vorzulegen;

F. in der Erwägung, dass der Europäische Rat die auf Europa gerichteten Bestrebungen der Ukraine und ihre Entscheidung für Europa in der Erklärung von Versailles vom 10. und 11. März 2022 zur Kenntnis genommen hat;

G. in der Erwägung, dass die Menschen in der Ukraine, der Republik Moldau und Georgien seit Jahren den europäischen Kurs ihrer Länder kontinuierlich und unbeirrt unterstützen und sich für die europäischen Grundsätze und Werte ausgesprochen haben; in der Erwägung, dass ähnliche Bestrebungen, d. h., der Wunsch in einem freien, souveränen und demokratischen Land zu leben, von der Mehrheit der belarussischen Bevölkerung, die das von Russland unterstützte Regime von Lukaschenka ablehnt, geäußert werden;

H. in der Erwägung, dass die Entwicklungen in der Vergangenheit gezeigt haben, dass der Verzicht auf eine Erweiterung mit enormen Kosten im strategischen Bereich einhergeht und dadurch die Sicherheit und Stabilität des Kontinents beeinträchtigt werden kann;

I. in der Erwägung, dass die Beziehungen der EU zur Ukraine, zur Republik Moldau und zu Georgien auf ambitionierten Assoziierungsabkommen und vertieften und umfassenden Freihandelszonen beruhen, wodurch günstige Rahmenbedingungen für die politische Annäherung, die Angleichung der Rechtsvorschriften und die wirtschaftliche Integration geschaffen werden, die entscheidende Elemente des künftigen Beitrittsprozesses sind; in der Erwägung, dass die Umsetzung der Assoziierungsabkommen und der vertieften und umfassenden Freihandelszonen noch nicht vollständig abgeschlossen ist;

J. in der Erwägung, dass die Ukraine, die Republik Moldau und Georgien die zwei Fragebögen zum Beitritt zur EU in Rekordzeit übermittelt haben, was nicht nur ihr weitreichendes Bekenntnis zu den Werten der EU, sondern auch ihr enormes Potenzial und ihre Bereitschaft zeigt, die entsprechenden Ziele zu verwirklichen;

K. in der Erwägung, dass die Kommission am 17. Juni 2022 jeweils eine Stellungnahme zu den drei Anträgen veröffentlicht hat und darin dem Rat empfiehlt, die Aussichten der Ukraine, der Republik Moldau und Georgiens auf eine Mitgliedschaft in der EU zu bestätigen;

L. in der Erwägung, dass die Kommission in ihren Stellungnahmen empfohlen hat, der Ukraine und der Republik Moldau den Status eines Bewerberlandes zuzuerkennen, sofern bestimmte Reformmaßnahmen ergriffen werden, beispielsweise in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit und Korruptionsbekämpfung; in der Erwägung, dass die Kommission empfohlen hat, Georgien den Status eines Bewerberlandes einzuräumen, sobald die genannten Schwerpunktbereiche angegangen worden sind;

M. in der Erwägung, dass die Zuerkennung des Bewerberstatus ein starkes Signal der Hoffnung und der Solidarität an die Bürgerinnen und Bürger der drei Länder senden und zeigen würde, dass die Europäische Union entschlossen ist, den derzeitigen Herausforderungen und ihrer Zukunftsvision gerecht zu werden;

1. begrüßt die Beitrittsanträge der Ukraine, der Republik Moldau und Georgiens als Ausdruck der auf Europa gerichteten Bestrebungen ihrer Bevölkerung und ihres Wunsches, friedlich und sicher in freien, demokratischen und wohlhabenden Ländern zu leben, die gutnachbarschaftliche Beziehungen zu allen Ländern Europas pflegen und eine immer engere Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten der EU anstreben;

2. begrüßt die förmliche Empfehlung der Kommission, der Ukraine und der Republik Moldau den Status eines Bewerberlandes zu gewähren und Georgien eine europäische Perspektive zu eröffnen;

3. fordert die Staats- und Regierungsoberhäupter, die auf der Tagung des Europäischen Rates am 23. und 24. Juni 2022 zusammenkommen, auf, der Ukraine und der Republik Moldau unverzüglich den Status eines Bewerberlandes zu gewähren und Georgien denselben Status einzuräumen, sobald seine Regierung bei den von der Kommission angegebenen Schwerpunktbereichen Ergebnisse erzielt hat; betont, dass die Staats- und Regierungsoberhäupter ihrer historischen Verantwortung gerecht werden und eindeutige politische Signale setzen müssen;

4. betont, dass mit der Zuerkennung des Status als Bewerberland durch die Europäische Union Führung, Entschlossenheit und Weitsicht angesichts des aktuellen Kontexts des brutalen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine und des Versuches, das geopolitische Gefüge neu auszurichten, gezeigt werden und dass damit eine klare politische Botschaft gesendet wird, wonach sich die betreffenden Länder unwiderruflich für den Weg in die Europäische Union entschieden haben, was von ihren Partnern in der Union akzeptiert wird und nicht Gegenstand der Einflussnahme Dritter sein darf; bekräftigt, dass die Union auch künftig ein verlässlicher Partner und ein vertrauenswürdiger geopolitischer Akteur sein muss, der seinen eigenen Grundsätzen und Werten treu bleibt, indem er sich mit denjenigen solidarisch zeigt, die für dieselben Ideale eintreten;

5. fordert die Mitgliedstaaten auf, den politischen Willen aufzubringen, der für die Neubelebung des Erweiterungsprozesses erforderlich ist, und ihren Versprechen nachzukommen, indem konkrete positive Schritte im Rahmen der Beitrittsprozesse der Ländern ergriffen werden, die Mitglied der Union werden wollen und es auch verdienen, Teil der europäischen Familie zu sein; fordert daher die am 23. und 24. Juni 2022 zusammenkommenden Staats- und Regierungsoberhäupter der EU nachdrücklich auf, der Fortsetzung des derzeit blockierten Erweiterungsprozesses der Westbalkanländer grünes Licht zu erteilen;

6. weist darauf hin, dass das langjährige Engagement gegenüber den Westbalkanländern aufrechterhalten werden muss, um die Glaubwürdigkeit des Erweiterungsprozesses der EU zu wahren und seine Transformationskraft freizusetzen, und dass der parallele Weg dieser Länder uneingeschränkt mit mehr Dynamik auf der Grundlage von Verdiensten, politischer Annäherung, Solidarität in internationalen Angelegenheiten und vereinbarten Verpflichtungen fortgesetzt werden muss;

7. betont, dass der Beitritt zur EU im Einklang mit Artikel 49 EUV erfolgen muss, wobei die einschlägigen Verfahren eingehalten und die festgelegten Kriterien, insbesondere die sogenannten Kopenhagener Kriterien für die Mitgliedschaft in der EU, erfüllt werden müssen, und dass der Beitrittsprozess nach wie vor ein Verfahren ist, bei dem auf die Verdienste des jeweiligen Landes abgestellt wird und der die Annahme und Durchführung einschlägiger Reformen erfordert, insbesondere in den Bereichen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, Marktwirtschaft und Umsetzung des Besitzstands der Union;

8. fordert die staatlichen Stellen der Ukraine, der Republik Moldau und Georgiens auf, ihre politische Entschlossenheit, den europäischen Ambitionen ihrer Bevölkerung nachzukommen, eindeutig unter Beweis zu stellen, indem deutlich größere Fortschritte bei wesentlichen Reformen erzielt werden, damit die Kriterien für eine Mitgliedschaft in der EU so bald wie möglich tatsächlich erfüllt werden;

9. betont, dass für den bevorstehenden Beitrittsprozess unbedingt die Erfahrungen der Ukraine, der Republik Moldau und Georgiens mit der Umsetzung ihrer jeweiligen Assoziierungsabkommen und vertieften und umfassenden Freihandelszonen als Grundlage genutzt werden sollten, damit sich die drei Länder weiter in den Unionsbinnenmarkt integrieren und die bereichsbezogene Zusammenarbeit verstärken können; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre internen Strukturen entsprechend anzupassen und zusätzliche Ressourcen sowie mehr technische Hilfe und politische Unterstützung bereitzustellen;

10. stellt fest, dass die Ukrainer, Moldauer und Georgier die proeuropäische Ausrichtung ihrer Länder kontinuierlich unterstützt haben und es verdienen, in freien, demokratischen und wohlhabenden Ländern zu leben, die stolze und engagierte Mitglieder der europäischen Familie sind; kommt zu dem Schluss, dass mit der bevorstehenden Tagung des Europäischen Rates ein wichtiger erster Schritt vollzogen werden kann, um die berechtigten Hoffnungen der Menschen in diesen drei Ländern zu erfüllen;

11. bekräftigt das Bekenntnis der EU zur Souveränität, territorialen Integrität und politischen Unabhängigkeit der Ukraine, der Republik Moldau und Georgiens innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen und unterstützt ihre Bemühungen um die uneingeschränkte Durchsetzung dieser Grundsätze; hebt hervor, dass in dieser Hinsicht die Einigkeit und Solidarität der Mitgliedstaaten sehr wichtig sind;

12. fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, die Politik der Östlichen Partnerschaft zu aktualisieren, damit sie auch im derzeitigen Kontext des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine, durch den auch die Sicherheit der Nachbarländer der Ukraine bedroht und die Stabilität in der gesamten Region beeinträchtigt wird, ein transformatives und bedeutsames Instrument bleibt; bekräftigt, dass die Länder der Östlichen Partnerschaft unbedingt auf regionaler Ebene zusammenarbeiten müssen;

13. fordert die Kommission und den Rat auf, einen verstärkten und strukturierten politischen Dialog mit den Bewerberländern und potenziellen Bewerberländern aufzunehmen, um die weitere wirtschaftliche Integration und die Harmonisierung der Rechtsvorschriften sowie unter Umständen die allmähliche Einbeziehung in die Arbeit und die Verfahren der Organe der Union voranzubringen;

14. fordert die Organe der Union erneut auf, die notwendigen Maßnahmen zu beschleunigen, damit die Beschlussfassung der EU effizienter wird;

15. bekräftigt sein Bekenntnis zur Erweiterung, zu der es keine Alternative gibt und die mehr denn je eine geostrategische Investition in eine stabile, starke und geeinte EU ist; ist der festen Überzeugung, dass die Aussicht auf eine Vollmitgliedschaft in der EU für die beitrittswilligen Länder im eigenen politischen, wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Interesse der Union ist;

16. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie den Präsidenten, Regierungen und Parlamenten der Ukraine, der Republik Moldau, Georgiens und der Westbalkanländer zu übermitteln.