Quelle: europarl.europa.eu
Wer heute darauf hinweist, dass in Putins Russland das öffentliche Wort schon lange nicht mehr frei ist, darf auch vor dem Schicksal Julian Assanges nicht die Augen verschließen. Denn Pressefreiheit bleibt Pressefreiheit.
Seit fast zehn Jahren kann sich Wikileaks-Gründer Julian Assange nicht frei bewegen. Zunächst suchte er in der ecuadorianischen Botschaft in London Schutz vor einer Ausweisung nach Schweden, wo gegen ihn mittlerweile eingestellte Verfahren wegen Vergewaltigung anhängig waren. Momentan sitzt er in einem Hochsicherheitsgefängnis bei London ein.
Das Verbrechen, dessen er beschuldigt wird, heißt Journalismus. Genauer: Die Veröffentlichung von Material, das Kriegsverbrechen amerikanischer Soldaten im Irak und in Afghanistan beweisen könnte. Es gibt einen Auslieferungsantrag der USA, die ihn unter anderem wegen der Gefährdung von Geheimdienstquellen anklagen wollen.
B9‑0287/2022
Entwurf einer Entschließung des Europäischen Parlaments zur Verteidigung der Informationsfreiheit und zum Fall Julian Assange
Das Europäische Parlament,
unter Hinweis auf die Enthüllungen von Wikileaks aus dem Jahr 2010 über die US-amerikanische Regierung, unter Hinweis auf das Ersuchen um Auslieferung von Julian Assange, das die Vereinigten Staaten 2019 ausgestellt haben, unter Hinweis auf die Entscheidung des Westminster Magistrates’ Court, gestützt auf Artikel 143 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass es in Europa derzeit zahlreiche Verstöße gegen die Pressefreiheit gibt;
B. in der Erwägung, dass die Vereinigten Staaten Julian Assange wegen seiner Rolle als Whistleblower verfolgen, die er bei der Offenlegung von Informationen gespielt hat, die für das Verständnis der Weltöffentlichkeit für die Interventionen der Vereinigten Staaten von entscheidender Bedeutung sind;
C. in der Erwägung, dass der britische Innenminister der Auslieferung von Julian Assange an die Vereinigten Staaten jederzeit zustimmen kann;
1. ist der Auffassung, dass die Europäische Union auf dem Gebiet der Verteidigung der Informationsfreiheit durch das „Messen mit zweierlei Maß“ an Glaubwürdigkeit einbüßt; 2. betont, dass Drittländer mit Bestürzung auf die Haltung Europas im Fall Julian Assange blicken, zumal die Europäische Union stets darauf bedacht ist, sich als „Weltgewissen für den Schutz der Menschenrechte“ in Szene zu setzen; 3. bekräftigt, dass die von Julian Assange und Wikileaks offengelegten Informationen von entscheidender Bedeutung sind, um das Verhalten der US-Armee im Irak und in Afghanistan zu begreifen; 4. verurteilt den Druck, den die Vereinigten Staaten ausüben, wenn es darum geht, einen Whistleblower auszuliefern; 5. fordert die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf, Julian Assange politisches Asyl zu gewähren.