Quelle: mid.ru
Sehr geehrter Herr Mirsojan,
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ich freue mich immer, sich im gastfreundlichen Jerewan zu befinden. Wir bemühen uns jedes Jahr mit Kollegen, zueinander zu Besuch zu kommen. Jetzt sind die Kontakte ziemlich intensiv: Am 8. April dieses Jahres war Ararat Mirsojan in Moskau – wir sprachen produktiv, am 12. Mai dieses Jahres sahen wir uns beim GUS-Außenministerrat in Duschanbe.
Die heutigen Verhandlungen waren allen Aspekten unserer bilateralen Tagesordnung, internationalen und regionalen Angelegenheiten vollwertig gewidmet. Wir analysierten den Verlauf der Arbeit zur Erfüllung der Aufgaben, die von unseren Anführern – Russlands Präsident und Premierminister Armeniens – gestellt wurden, darunter während des ersten offiziellen Besuchs von Nikol Paschinjan in Russland am 19. und 20. April dieses Jahres. Eines der wichtigsten Ergebnisse war die Verabschiedung einer gemeinsamen Erklärung, wo die vorrangigen Bereiche des bilateralen Zusammenwirkens widerspiegelt sind. Die Anführer bestätigten den privilegierten Charakter der Verbündetenbeziehungen Russlands und Armeniens, was insbesondere in diesem Jahr wichtig ist, wenn wir den 30. Jahrestag der Aufstellung der diplomatischen Beziehungen feiern. Während des April-Besuchs des Premierministers Nikol Paschinjan wurde ein ganzes Paket der Dokumente unterzeichnet, die eine solide vertragsrechtliche Basis ergänzen.
Wir haben es vereinbart, die Aufrechterhaltung eines hohen Tempos der Arbeit in allen Richtungen zu fördern. Zu den Plänen für dieses Jahr gehört die Durchführung einer weiteren Session der Zwischenregierungskommission für Wirtschaftskooperation unter Vorsitz der Vizepremierminister A. Owertschuk und M. Grigorjan. Zudem ist ein zwischenregionales Jugendforum geplant. Wir bereiten uns darauf vor, das Denkmal für die russisch-armenische Freundschaft „Einheit für Jahrzehnte“ im Zentrum Jerewans aufzustellen.
Morgen beginnen in Russland die Tage der Kultur Armeniens. In der zweiten Jahreshälfte finden in Armenien die Tage der geistlichen Kultur Russlands statt. Diese Bildungsaktionen bieten gute Möglichkeit für eine weitere gegenseitige Bereicherung unserer alten Kulturen.
Russland bleibt ein führender Handelspartner, Investor in die Wirtschaft Armeniens. Trotz des pandemiebedingten Rückgangs wurde der Handelsumsatz auf eine stabile Bahn des Wachstums zurückgebracht. Wir bauen die Zusammenarbeit in solchen Bereichen wie Energie (darunter Atomenergie, Bergbauindustrie), Verkehr, Logistik, hohe Technologien aus. Wir werden die sich gut bewährte Praxis der Geschäftsmissionen und Geschäftsforen umfassend fördern.
Wir gehen aktiv in der humanitären Richtung vor, festigen den Bildungs-, Wissenschafts- und Sprachraum. Angesichts der Wünsche unserer armenischen Freunde arbeiten wir an der Erhöhung der Zahl russischer Schulen in der Republik, helfen bei der Erhöhung der Qualifikation von armenischen Russisch-Lehrern und Erhöhung der Quoten für armenische Staatsbürger, die an russischen Hochschulen studieren wollen.
Wir koordinieren weiterhin eng unsere Handlungen in der internationalen Arena. Heute wurde der Verlauf des am 8. April dieses Jahres in Moskau unterzeichneten Plans der Konsultationen zwischen zwei außenpolitischen Diensten. Am Rande des jetzigen Besuchs führten drei stellvertretende Außenminister mit ihren armenischen Kollegen Konsultationen zum Thema Zusammenarbeit in verschiedenen eurasischen Vereinigungen und im europäischen Raum durch. Es wurde im Kreis unserer Delegationen auf der Ebene der Außenminister die Fragen des Zusammenwirkens in EAWU, GUS und OVKS, wo Jerewan in diesem Jahr den Vorsitz hat, ausführlich besprochen.
Wir haben übereinstimmende Positionen zur Mehrheit regionaler Probleme. Wir haben es vereinbart, die Handlungen weiterhin zu koordinieren, darunter auf internationalen Plattformen angesichts der sich ändernden geopolitischen Realien.
Besondere Aufmerksamkeit wurden den Maßnahmen zur Förderung des Friedens, Sicherheit, Stabilität im Südkaukasus gewidmet. Es besteht gemeinsame Meinung über die Notwendigkeit einer strikten Erfüllung der Vereinbarungen der Anführer Armeniens, Aserbaidschans und Russlands vom 9. November 2020 sowie 11. Januar und 26. November 2021.
Wir sind dankbar für eine hohe Einschätzung der stabilisierenden Rolle der russischen Friedenstruppen zur Aufrechterhaltung des Friedens und Sicherheit in der Region. Wir brachten Zufriedenstellung mit den Ergebnissen der am 3. Juni dieses Jahres in Moskau stattgefundenen dreiseitigen Arbeitsgruppe unter Kovorsitz der Vizeregierungschefs von drei Ländern, die sich mit Fragen der Deblockierung aller Verkehrs- und Wirtschaftsverbindungen in Transkaukasien befassen, zum Ausdruck.
Es wurde die Arbeit der Kommission für Delimitation der armenisch-aserbaidschanischen Grenze bei konsultativer Unterstützung der Russischen Föderation angeschnitten. Unsererseits wurde von den Seiten die Bereitschaft bestätigt, den Abschluss des Friedensvertrags zwischen Jerewan und Baku zu fördern, humanitäre Probleme, die in dieser Region bleiben, zu lösen.
Wir begrüßen den Prozess der Normalisierung der armenisch-türkischen Beziehungen. Dass soll die allgemeine Genesung der Lage in der Region fördern. In diesem Sinne soll (das ist unsere gemeinsame Meinung) eine rhythmische Arbeit der 3+3-Regionalplattform unter Teilnahme von drei südkaukasischen Ländern und ihren drei Nachbarn gewährleistet werden. Das ist ein wichtiger zusätzlicher Kanal für die Aufnahme eines Dialogs und Entwicklung der vielfältigen Zusammenarbeit zwischen den Ländern der Region und ihren Nachbarn.
Die heutigen Verhandlungen waren zweifellos eine wichtige Etappe in der weiteren Förderung unserer strategischen Partnerschaft und Verbündetenbeziehungen. Wir sind unseren armenischen Freunden für Gastfreundlichkeit und Organisation der Arbeit dankbar.
Ich bin sicher, dass die morgige Sitzung des Außenministerrats der OVKS nicht weniger erfolgreich durchgeführt wird und bei der Festigung dieses wichtigen Formats helfen wird.
Ich lade Ararat Mirsojan zu einem weiteren Besuch in die Russische Föderation ein. Wir werden uns freuen, seine Delegation in jeder Stadt Russlands zu sehen.
Frage: Wie bekannt, wurde gestern in Ankara im Gespräch mit Mevlüt Cavusoglu in einem gewissen Sinne das Thema der Beziehungen Armeniens und Aserbaidschans angeschnitten. In welchem Kontext wurde dieses Thema heute bei den Verhandlungen zu hören (wie wir sehen, war sie zu hören)? Inwieweit wird es geschafft, bei der Annäherung der Positionen Bakus und Jerewans Fortschritte zu erreichen? Sie erwähnten die Möglichkeit des Abschlusses eines Friedensvertrags. Was ist notwendig zur Intensivierung dieser Arbeit, darunter in Bezug auf den Karabach-Faktor?
Sergej Lawrow: Wir schnitten dieses Thema in der Einführung an. Unsere Anführer trafen sich dreimal zur Lösung der praktischen Fragen, die mit der Beendigung des Konfliktes, Normalisierung der Beziehungen zwischen den Ländern der Region, einschließlich der Beziehungen zwischen Aserbaidschan und Armenien verbunden sind. Es besteht das Verständnis, dass sich der Prozess bewegt. Vielleicht möchte man ein schnelleres Tempo sehen, doch der Prozess läuft, es werden bedeutende positive Ergebnisse (bislang sind es Zwischenergebnisse) erreicht. Es bestehen keine Zweifel, dass es endgültige Ergebnisse geben wird. Wir bemühen uns umfassend, das zu fördern.
Die Seiten haben ihre spezifische Vision, die nicht immer übereinstimmen, wie man auf der bevorstehenden Etappe arbeiten soll. Doch alle unseren Partnern und wir selbst haben ein gleiches Verständnis, dass die drei Erklärungen, die auf der höchsten Ebene angenommen wurden, eine klare Roadmap sind, nach der sich alle richten sollen.
Wir freuen uns, dass eine Gründungssitzung von zwei Kommissionen (armenische und aserbaidschanische) zur Delimitation der Grenze zustande kam. Ein weiteres Treffen ist in Moskau geplant. Wir sind bereit, gemäß den Vereinbarungen der Anführer von drei Ländern konsultative Unterstützung zu leisten, darunter die Teilnahme an der Bereitstellung der kartografischen Materialien (es ist wichtig für konkrete Arbeit). Parallel wurde die Arbeit der dreiseitigen Arbeitsgruppe unter Leitung der Vizepremier zur Deblockierung der Verkehrs- und Wirtschaftsverbindungen vorangetrieben.
Heute wurden die Varianten der Regelung der bleibenden Fragen besprochen. Ich bin sicher, dass sie letzten Endes gelöst werden. Es gibt keinen anderen Weg außer Normalisierung der Beziehungen. Das, was wir alle als „Friedensvertrag“ bezeichnen, stützt sich auf die Vorschläge, die einst von Aserbaidschan vorgelegt wurden. Armenien legte daraufhin seine Vision vor. Unter Berücksichtigung von diesen zwei Dokumenten läuft der Prozess, an dem wir bereit sind, als Vermittler, Berater und fördernde Seite zu arbeiten.
Frage: Wie Ararat Mirsojan bereits erwähnte, griffen aserbaidschanische Truppen am 24. März dieses Jahres in das Dorf Paruch in Karabach ein und bleiben dort. Wegen dieser Handlungen des Gegners können mehr als 400 Menschen nicht in ihre Häuser zurückkehren. Am 8. April dieses Jahres sagten Sie auf einer Pressekonferenz, dass sie keine plötzlichen Erklärungen machen sollen, und Friedenssoldaten die Umstände der Invasion klären. Gibt es irgendwelche Errungenschaften bei dieser Frage? Was wird gemacht, damit aserbaidschanische Truppen in ihre Ausgangspositionen zurückkehren?
Sergej Lawrow: Ich habe vorgeschlagen, nicht keine „plötzlichen“, sondern keine übereilten Erklärungen zu machen. Was die Situation betrifft, steht sie bei russischen Militärs (unsere armenischen Freunde wissen das sehr gut) als eine der Prioritäten. Dort gibt es bereits bestimmte Ergebnisse auf dem Boden aus der Sicht der Deeskalation der Lage. Wir rechnen damit, dass der Start der Delimitation der armenisch-aserbaidschanischen Grenze die Erhöhung des Vertrauens zwischen Baku und Jerewan und Nichtzulassung der Vorfälle wie Faruch im Zuständigkeitsbereich der russischen Friedenstruppen fördern wird.
Frage: Wie würden Sie die Erklärungen des ukrainischen Außenministers, Dmitri Kuleba, darüber kommentieren, dass Kiew die Verhandlungen zwar begrüßt, die vor kurzem in Ankara stattfanden, stützt sich aber bei der Frage Ausfuhr von Getreide in erster Linie auf die Handlungen der UNO, spricht weiterhin über die Notwendigkeit, Waffen an Kiew zu liefern. Wie denken Sie, wozu kann die Lieferung der amerikanischen Antischiffsraketen an die Ukraine führen?
Sergej Lawrow: Was die Positionen und Handlungen der Ukraine betrifft, darunter im Zusammenhang mit der Frage über Deblockierung der ukrainischen Häfen, um die sich dort befindlichen ausländischen Schiffe in die Destinationshäfen gehen und damit das Getreide, das dort bleibt, mit zusätzlichen Schiffen ausgeführt werden kann. Die Frage ist äußerst einfach. Ich habe darüber bereits gestern auf der Pressekonferenz in Ankara gesprochen.
Die russischen Militärs erklären bereits seit mehr als einem Monat Sicherheitskorridore, die ungehindert und ohne Bedrohungen von jeden Schiffen mit Frachten, die auf Absendung aus Schwarzmeerhäfen warten, genutzt werden können - unter Bedingung, dass die Ukrainer das Küstengebiet entminen, die unter ihrer Kontrolle steht. Ich halte es für positiv, dass unsere türkischen Kollegen versuchen, Kiew in der Notwendigkeit zu überzeugen, mit der Verzögerung dieses Prozesses aufzuhören. Ich hoffe, dass die Ukrainer die Alternativlosigkeit der Lösung dieser Frage gerade auf einer verständlichen, vernünftigen und objektiven Grundlage begreifen und damit aufhören, nach einem Ausweg in den Forderungen gegenüber dem Westen, sie massiv auszurüsten, darunter Lieferung der Antischiffssysteme, mit denen sie, wie ukrainische Offizielle sagen, gegen Schiffe der russischen Schwarzmeerflotte vorgehen vollen, zu suchen. Man sollte schon lange her auf diese Rhetorik verzichten und sich nicht mit der Zuspitzung der Situation im Medienraum in der Hoffnung, die eigenen Popularitätswerte beizubehalten zu befassen, sondern konkrete Sachen machen.
Ich betone nochmals, dass unsere westlichen Partner dazu begreifen sollen, dass die Förderung der militaristischen Stimmungen Kiews nicht zu etwas Gutem führen wird.
Frage (Übersetzung aus dem Armenischen): Nach einer langen Pause am 3. Juni dieses Jahres fand ein Treffen der Vizepremieren Armeniens, Aserbaidschans und Russlands über Deblockade und Delimitation statt. Wie schätzen Sie die Ergebnisse des Treffens angesichts des Faktes, das Aserbaidschan weiterhin mit Korridoren-Begriffen denkt? Was sehen Sie im Sinne des Erreichens von Ergebnissen?
Sergej Lawrow: Ich sehe vor allem Positives aus der Sicht der Ergebnisse des Treffens von drei Vizeregierungschefs am 3. Juni dieses Jahres. Ich würde nicht sagen, dass die Pause zu lange war. Sie arbeiten rhythmisch und kamen vorbereitet zur Lösung dieser Fragen, die noch geregelt werden sollen. Wie sie wissen, wurde die Eisenbahnroute abgestimmt. Jetzt geht die Abstimmung der Automobilroute und des Regimes, das aufgestellt werden soll, zu Ende. Es wird vereinfacht sein, aber wird sich sicher auf die Anerkennung der Souveränität des armenischen Territoriums stützen. Hier kann es keine doppelsinnigen Aspekte geben. Ja, das sind die Dinge, die mit praktischen Handlungen auf dem Boden, Schaffung der Infrastruktur für lange Jahre verbunden sind. Hier soll man das alles mehrmals abstimmen, bevor man eine Entscheidung trifft. Wir haben das Gefühl, dass aserbaidschanische und armenische Kollegen gerade davon ausgehen.